Babyglück & Stillzeit
Stillen oder Flasche: Was ist besser für dein Kind?
Von Dr. Christoph Theurer
06. August 2024
Wenn es um die richtige Ernährung für Neugeborene und Säuglinge geht, wird das Stillen oft als die beste Lösung dargestellt. Ganz klar: Wenn es mit dem Stillen klappt, überwiegen die Vorteile. Die Muttermilch ist so zusammengesetzt, dass dein Baby viele wichtige Nährstoffe von dir bekommt. Du musst dir keine Gedanken über die richtige Flaschenmilch machen und auch keine Fläschchen und Sauger auskochen. Trotzdem gibt es durchaus auch einige Gründe, die für eine Ernährungsweise mit Fertigmilch sprechen. Informiere dich hier über die Vor- und Nachteile von Flasche und Stillen und entscheide dich anschließend für die Ernährung, mit der du und dein Baby am besten zurechtkommen.
Warum Stillen als natürliche Ernährung am besten ist
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) empfiehlt, Kinder mindestens sechs Monate lang zu stillen. Die Muttermilch ist hervorragend auf die Bedürfnisse des Kindes abgestimmt. Die Zusammensetzung passt sich an das Alter des Kindes an – von der Vormilch, die für die ersten Lebenstage ideal ist, bis hin zur dauerhaften Milchproduktion, mit der du dein Kind problemlos ernähren kannst. Das Baby erhält mit der Milch der Mutter viele lebenswichtige Nährstoffe, Mineralien und Vitamine.
Auch das Immunsystem des Kindes wird durch die Muttermilch gestärkt. Außerdem baut sich ein Schutz gegen Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten auf. Gestillte Kinder haben zudem ein geringeres Risiko, später übergewichtig zu werden. Auch Verdauungsprobleme sowie Bauchschmerzen sind bei Stillkindern seltener als bei Flaschenkindern. Vor allem aber entsteht eine innige Verbindung zwischen Mutter und Baby. Das Kind hört den Herzschlag der Mutter und wird im wahrsten Sinne des Wortes gestillt, denn Stillen wirkt beruhigend.
Lass es langsam angehen
In den ersten Tagen kann das Stillen ein wenig problematisch sein. Vielleicht bist du noch unsicher, wie richtiges Stillen funktioniert, oder hast noch nicht die optimale Stillposition für dich und dein Baby gefunden. Auch der Milcheinschuss ist unter Umständen zunächst schmerzhaft, doch bereits nach kurzer Zeit spielt sich in der Regel alles ein. Richte dich in dieser ersten Phase ganz nach deinem Kind. Stillen nach einer strengen Zeiteinteilung klappt meist ohnehin nicht gut. Schon bald wird sich ein regelmäßiger Rhythmus etablieren.
Das Stillen wirkt sich auch positiv auf die Rückbildung der Gebärmutter aus. Sorgen, dass die Form und Festigkeit der Brust leiden könnten, sind meist unbegründet. Der einzige Aspekt, der möglicherweise als nachteilig empfunden wird, ist, dass das Stillen nur von der Mutter durchgeführt werden kann. Diese muss also immer präsent sein. Alternativ kann die Milch zwar auch abgepumpt und bis zur Verwendung im Kühlschrank aufbewahrt oder eingefroren werden, doch das sollte wirklich nur eine Notlösung sein. Verweigern Stillkinder die Flasche, wird die Fütterung mit Muttermilch durch andere Personen problematisch.
Worauf du als Mutter beim Stillen achten solltest
Bei der Ernährung in der Stillzeit ist es wichtig, sich möglichst ausgewogen und gesund zu ernähren. Der Kalorien- sowie der Nährstoffbedarf sind während dieser für den Körper anstrengenden Phase weiterhin erhöht. Du solltest jetzt also besser noch nicht ans Abnehmen denken. In der Stillzeit wird eine zusätzliche Zufuhr von 500 Kalorien pro Tag empfohlen. Dabei darfst du im Grunde alles essen, was dir schmeckt. Blähende Nahrungsmittel und scharfe Gewürze solltest du allerdings nur in kleinen Mengen testen und im Zweifelsfall besser weglassen.
Einige Lebensmittel können den Geruch und den Geschmack der Muttermilch verändern, zum Beispiel Knoblauch oder Spargel. Verzichte besser darauf, wenn du merkst, dass dein Kind die Muttermilch danach ablehnt. Alkohol und Nikotin sind in der Stillzeit selbstverständlich verboten. Wenn du Medikamente einnehmen musst, besprich die Einnahme mit dem Frauen- oder Kinderarzt. Bei einigen Medikamenten ist die Einnahme bedenklich und das Abstillen und die Fütterung mit der Flasche die bessere Lösung.
Was tun, wenn das Stillen nicht klappt?
Es gibt mehrere Gründe, warum das Stillen nicht möglich ist. Bei Frühgeborenen, nach einem Kaiserschnitt oder einer besonders komplizierten Entbindung kann es passieren, dass die Milchbildung nicht in Gang kommt. Auch bei Mehrlingsgeburten kann das Stillen schwierig werden. Wenn du es versucht hast und es nicht klappt, solltest du dir aber auf keinen Fall ein schlechtes Gewissen einreden lassen! Auch Kinder, die mit Fertigmilch gefüttert werden, entwickeln sich gut.
Bei einer schlimmen Brustentzündung ist das Abstillen manchmal die einzige Lösung. Auch die Einnahme bestimmter Medikamente, die medizinisch unbedingt notwendig ist, kann dazu führen, dass der Arzt oder die Ärztin vom Stillen abrät und die Flaschenfütterung empfiehlt. Auch, wenn du möglichst schnell wieder arbeiten möchtest oder musst, ist die Flaschenernährung ab einem gewissen Punkt oft die praktikablere Variante. Keine Sorge: Die Nähe zum Kind entsteht auch in diesem Fall.
Die positiven Seiten der Ernährung mit der Flasche
Auf dem Markt gibt es eine Vielzahl von Produkten, deren Zusammensetzung der Muttermilch gleicht. Von Milchpulver für die ersten Lebenstage bis hin zur sogenannten Folgemilch für die Zeit ab dem sechsten Lebensmonat erhält dein Baby über die Ernährung mit der Flasche alles, was es für eine gesunde Entwicklung und ein gutes Wachstum braucht. Auch spezielle Fertignahrung für Kinder mit Allergierisiko und Kuhmilchunverträglichkeit ist erhältlich. Der Vater oder andere Familienangehörige können die Mutter so gut unterstützen, denn Flaschenmilch kann von jedem gefüttert werden.
Egal, ob du stillst oder deinem Kind die Flasche gibst: In beiden Fällen sollte man auf eine angenehme und ruhige Umgebung achten. So wird dein Baby von den ersten Lebenstagen an sehr gut versorgt, denn am wichtigsten ist der Grundsatz: Stillen ist Liebe – Füttern mit der Flasche auch!
Was bei der Ernährung mit Fertigmilch zu beachten ist
Lasse dich von deiner Hebamme und später von deinem Kinderarzt oder deiner Kinderärztin beraten, welche Fertigmilch für dein Baby am besten ist. Flaschen und Sauger müssen immer sauber sein, weshalb du beides regelmäßig auskochen solltest. Für die Zubereitung der Fertigmilch verwendest du am besten abgekochtes Wasser. Reste sollen nicht nochmal aufgewärmt werden.
Stillen und Flasche kombinieren
Auf die Frage „Stillen – ja oder nein?“ muss es nicht immer eine eindeutige Antwort geben. Neben der Möglichkeit, ausschließlich zu stillen oder nur auf die Flasche zu setzen, kannst du dich natürlich auch dafür entscheiden, das Stillen und die Flasche zu kombinieren. Frauen, die nach dem Mutterschutz wieder in den Beruf einsteigen, entscheiden sich beispielsweise häufig dafür, ihr Kind morgens und abends an der Brust zu stillen und für die Zeit dazwischen Muttermilch abzupumpen, die mit der Flasche zugefüttert wird.
Wenn du zuvor ausschließlich gestillt hast, solltest du deinem Baby ausreichend Zeit geben, um sich an die neue Kombination aus Flasche und Stillen zu gewöhnen. Gerade in der Anfangsphase wird das Baby die Flasche vielleicht als fremd wahrnehmen und verweigern. Es kann daher hilfreich sein, eine Flasche mit einem brustähnlichen Sauger zu wählen.
Fazit: Stillen oder Flasche?
Obwohl die Vorteile der Muttermilch und des Stillens aus medizinischer Sicht überwiegen, sollte man sich als Mutter mit der Entscheidung nicht unter Druck setzen (lassen). Selbst wenn du sagst: „Ich möchte nicht stillen!“, macht dich das nicht zu einer schlechten Mutter. Meist ist das eigene Bauchgefühl hier der beste Ratgeber. Gespräche mit stillerfahrenen Müttern im Kreis der Schwangeren-Gymnastik oder die Empfehlungen der Hebamme können ebenfalls hilfreich sein.
Die Entscheidung, zu stillen oder die Flasche zu geben, muss aus eigener Überzeugung getroffen werden. Gib der Form der Babynahrung, für die du dich entscheidest, ausreichend Zeit und lass dich von eventuell auftretenden Anlaufschwierigkeiten nicht entmutigen. Hat das Dream-Team aus Mutter und Kind erst einmal zusammengefunden, ist die Stillzeit ein einzigartiges Geschenk der Natur.